Programm

DIE LINKE Wetter: Kommunalwahlprogramm 2021-2026

Die Herausforderungen und Versäumnisse in unserer Kommune sind gewaltig. Vor Ort wurden die sozialen und ökologischen Verwerfungen in den letzten Jahren nicht annähernd angegangen, die Erfordernisse einer dringend notwendigen Digitalisierung zudem bewusst verschlafen. Ein Magistrat und eine Stadtverordnetenversammlung, die wie bisher die Probleme lediglich verwalten und ansonsten in Ideenlosigkeit versunken bleiben, bieten keine Perspektive. Wer ein soziales, ökologisches und digitales Wetter will, muss heute aktiv und vorausschauend handeln. Daher schlagen wir für Wetter und seine Ortsteile das folgende Zukunftsprogramm vor:

Verfehlte Stadtentwicklung umkehren

DIE LINKE Wetter steht für eine strikt am Gemeinwohl orientierte Stadtentwicklung. Eine Stadtpolitik, die sich allein an den Profitinteressen von Investoren ausrichtet, lehnen wir ab. Es ist schlicht ein Unding, dass in Wetters Mitte ein Kreisel zur Zuführung von Autoverkehr auf ein privates Gewerbeareal ohne Fußgängerüberwege gebaut werden konnte. Diese stetige Gefahrenquelle gilt es umgehend zu beseitigen. Auch wollen wir, dass die massive, klimaschädliche CO2-Belastung durch den Straßenverkehr vor Ort kontinuierlich zurückgeführt wird. Zudem können weitere Flächenverluste von inzwischen knappen Acker- und Weideflächen für immer neue Straßenbaumaßnahmen nicht länger hingenommen werden.

Während Investitionen in die soziale Infrastruktur unterbleiben oder diese – Stichwort: Stadthalle – auf Verschleiß gefahren wird, ist ausreichend Geld vorhanden, um die Einzelinteressen von sogenannten Investoren zu bedienen. Zugleich werden den Bürger*innen unserer Kommune stetig neue Belastungen auferlegt. Die von allen aufzubringende Grundsteuer steigt kontinuierlich ebenso wie die Eintrittspreise für die Nutzung des städtischen Hallenbades oder die Kosten für eine Bestattung von Verstorbenen auf den kommunalen Friedhöfen. Kurz: Die Stadtentwicklung läuft fehl, wir wollen diesen Prozess umkehren.

Für Konsequenzen aus der Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie hat in unserer Kommune dreierlei offengelegt: Erstens existiert ein zu geringer Personalschlüssel in der Kita-Betreuung vor Ort. Hier setzen wir uns ebenso für eine Verbesserung ein, wie wir die längst überfällige Ermäßigung von Kita-Beiträgen für finanzschwache Familien und Alleinerziehende fordern. Zweitens: Ohne Kunst und Kultur wird es still. Auch Kultur- und Kreativschaffende sind „systemrelevant“. Wir wollen ihnen Anerkennung zollen durch die Vergabe eines mit jährlich 5.000 EUR dotierten Kulturpreises der Stadt Wetter. Drittens muss die Digitalisierung endlich auch in den Ortsteilen ankommen. Nahversorgung und Engagement können durch digitale Möglichkeiten erleichtert werden und bedürfen kommunaler Unterstützung. Wir wollen daraus unmittelbare Konsequenzen ziehen.

Für zukunftsfähige, digital angebundene Ortsteile

Die Zahl der Lebensmittelgeschäfte, Kneipen und Läden in Wetters Ortsteilen sinkt. Einkaufen im Ort ist heute meist nicht mehr möglich. Zugleich geht dort ohne Auto fast nichts. Es ist Zeit, die Möglichkeiten und Chancen der Digitalisierung für den ländlichen Raum zu nutzen. Wir schlagen vor, dass unsere Kommune digitale Innovationen zur Förderung des sozialen und bürgerschaftlichen Engagements aktiv und bewusst vorantreibt. Gefördert werden sollen Maßnahmen, die durch digitale Vernetzung gegenseitiges Einkaufen, soziale Mobilität, Hilfe im Haushalt, bei Hausaufgaben, Kinderbetreuung u.v.m. ermöglichen.

Wir wollen zukunftsfähige, digital angebundene Ortsteile. Unsere Kommune muss endlich beginnen, die Chancen der Digitalisierung auf den ländlichen Raum zu übertragen und diesen mithilfe des Internets wieder attraktiv zu gestalten. Hierin besteht auch ein großes Potenzial, um Emissionen im Verkehr zu reduzieren. Passfähige, digital auf die individuellen Wünsche der Einwohner abgestimmte Mobilitätsformen wie z.B. Peer-to-Peer Car-Sharing, Mitfahrer-Apps, Fahrdienste- und Sammeltaxi-Apps können klimabelastende Individualverkehre ersetzen und in Ergänzung zum klassischen öffentlichen Linienverkehr nach Fahrplan und mit fester Route treten.

Für eine nachhaltige kommunale Daseinsvorsorge

In den vergangenen zehn Jahren ist in Sachen Modernisierung der Stadthalle nichts passiert. Notwendige Investitionen sind ausgeblieben. Wir wollen, dass jetzt angepackt wird und die Stadthalle stufenweise renoviert oder in kommunaler Trägerschaft neu errichtet wird. Gleiches gilt – dort, wo noch nicht geschehen – für die Modernisierung der Dorfgemeinschaftshäuser in den Ortsteilen. Unser städtisches Hallenbad soll zudem an Sonntagen um vier Stunden länger geöffnet werden. Das ist unkompliziert umsetzbar und lediglich mit geringen Zusatzkosten für Personal verbunden.

Darüber hinaus muss unsere Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein. Optionale Haltepunkte in Niederwetter und Todenhausen sind wichtig und notwendig. Der Linienverkehr in den Abendstunden sowie an Wochenenden muss zudem weiter ausgebaut werden. Hierzu ist dringend ein interkommunales Bündnis mit Wetters Nachbargemeinden erforderlich, um Druck auf die Träger des öffentlichen Nahverkehrs aufzubauen. Auch treten wir für die Einführung eines Sozialpasses ein, der Erwerbslosen und armen Menschen den kostenlosen Zugang zu kommunalen Einrichtungen gewährt. DIE LINKE Wetter steht für eine nachhaltige kommunale Daseinsvorsorge.

Für eine an den Menschen ausgerichtete Verkehrspolitik

Der Autoverkehr genießt immer noch Vorrang. Wer zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs ist, hat das Nachsehen. Überall fehlt es an Zebrastreifen und Radwegen. Ein sicheres Überqueren von Straßen gleicht oft einem Vabanquespiel. Radwegeverbindungen von der Kernstadt in die Ortsteile und umgekehrt sind in den überwiegenden Fällen nicht existent. Für Menschen ohne Auto sowie Schüler*innen der Burgwaldschule ist die Verkehrssituation in Wetters Mitte zudem besonders gefährlich.

Der Irrsinn einer fehlgeleiteten Verkehrspolitik tritt anhand zweier Beispiele förmlich hervor: Im Rahmen der Sanierung der Bahnhofsstraße in Wetters Kernstadt im Jahr 2019 erhielt diese keine Fahrradspuren, dafür aber Autoparkplätze auf den Gehwegen. Zugleich fordert die für diesen Schildbürgerstreich maßgeblich mitverantwortliche SPD vor Ort einen straßenbegleitenden Radweg entlang der L3091 zwischen Wetter und Amönau, obwohl der Ortsteil per Fahrrad über den Treisbachtal-Radweg schon jetzt gut zu erreichen ist – sprich: die Prioritäten für den Bau von Radwegen klar und deutlich anderswo bestehen.

Wetters verfehlte Verkehrspolitik muss thematisiert werden, künftige Zusatzbelastungen sind auszuschließen. Wir brauchen eine konsequente Verkehrsberuhigung (30 km/h) im Innenstadtbereich. Geschwindigkeitsbegrenzungen sind an allen Gefahrenbereichen, unterstützt durch Plateau-Aufpflasterungen und Zebrastreifen, einzurichten. Schulwege sind konsequent zu schützen.

Für aktive Klimaschutzpolitik und den Erhalt unserer Naturlandschaft

Der Fertigstellung der Westumgehung Wetters zeitigt nachhaltige Auswirkungen auf unsere Naturlandschaft. Für alle ist nun sichtbar, dass die Trasse der B252neu zu einer hohen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, zu einem Verlust von landschaftsprägenden Strukturelementen und zu einem Verlust der Erholungseignung unseres Raumes beiträgt.

Auch ist absehbar, dass nach Fertigstellung des nördlichen Teilabschnitts Münchhausen−Wetter der Verkehr auf der Trasse und damit die CO2-Belastungen in der Region insgesamt stark zunehmen werden. Schon jetzt übersteigt der klimabelastende CO2-Eintrag des Straßenverkehrs innerhalb der Europäischen Union die 20-Prozent-Marke der gesamten klimawirksamen Emissionen. Wer wie die SPD vor Ort vom Klima spricht, aber über die klimarelevanten Belastungen durch den Autoverkehr schweigt und diese noch fördert, agiert nicht auf der Höhe der Zeit. Wir erteilen jeglichem Straßenneubau eine klare Absage.

Für eine gute und sozial gerechte Kindertagesbetreuung

Kinder sind Zukunft. Ein Platz in der städtischen Kindertagesstätte aber kostet zwischen 1.656 Euro (halbtags) und 2.760 Euro (ganztags) im Jahr. Hinzu kommen die Kosten für ein immer noch nicht unentgeltliches warmes und gesundes Mittagessen für die Kleinsten. Zugleich zählt Wetter zu den wenigen Kommunen in Deutschland, in denen eine Sozialstaffelung nicht besteht. Damit zahlen finanzschwache Familien und Alleinerziehende für die Kita-Betreuung genauso viel wie Gutverdiener und Reiche. Das ist sozial ungerecht und diskriminiert junge Familien und Alleinerziehende. Für sie wollen wir die Gebühren vor Ort absenken und zeitlich flexiblere Regelungen in der Kita-Betreuung schaffen.

Auf Bundes- und Landesebene wollen wir durch entsprechende Kostenübernahmen zudem sicherstellen, dass die Gebühren für Kindergärten und Kinderkrippen in mittlerer Frist vollständig abgeschafft werden. Jedem Kind soll künftig ein Anrecht auf einen ganztägigen und gebührenfreien Betreuungsplatz unabhängig von der Erwerbstätigkeit der Eltern zustehen. Dazu ist auch das Berufsfeld für Erzieherinnen und Erzieher aufzuwerten und finanziell deutlich besser auszugestalten. Wir stehen für einen Ausbau der Betreuungs- und Frühförderungsinfrastruktur, die nicht zu Lasten der Beschäftigten oder der Eltern geht.

Für eine aktive und progressive Jugendförderung

Jugendliche ab 16 Jahren stehen in der Kernstadt Wetter buchstäblich auf der Straße. Für sie fehlt ein Anlaufpunkt zum Treffen, Austauschen und Feiern. Ein selbstverwaltetes Jugendzentrum, zu dem die Stadt die Räumlichkeiten stellt, schafft Abhilfe. Dieses soll zugleich als Proberaum für Bands und für Veranstaltungen genutzt werden können sowie Zugang zu freiem WLAN bieten. Mit einem selbstverwalteten Jugendzentrum wollen wir einen Freiraum schaffen und Jugendlichen die Möglichkeit bieten, ihre Freizeit selbstbestimmt zu gestalten und nach ihren Vorstellungen mit Leben zu füllen. Gleichermaßen sollen die Jugendclubs der Ortsteile mit freiem WLAN ausgestattet werden und dort, wo das noch nicht der Fall ist, selbstverwaltete Strukturen für die Gruppe der ab 16jährigen erhalten.

Die betreuten Angebote für die Jüngeren (< 16 Jahre) durch die Jugendförderung Nordkreis haben sich bewährt. Unverantwortlich hingegen war die Streichung der Finanzmittel für die jährliche Sommerferienfreizeit durch die Stadtverordnetenversammlung Wetter. Dieses kostengünstige Angebot für die Altersgruppe der 13-16jährigen, zuletzt beispielsweise durch ein Feriencamp an der spanischen Costa Brava, war bei Jugendlichen beliebt und wurde von Eltern und Alleinerziehenden aufgrund des guten Betreuungsangebots gerne angenommen. Wir wollen diese Streichung rückgängig machen und die Ferienfreizeit wiederbegründen.

Vor dem Hintergrund, dass der Magistrat zuletzt drei Beton-Pflanzkübel mitsamt diffuser Bepflanzung für die Sanierung der Bahnhofstraße in Wetters Kernstadt in einem Wert von mehr als 35.000 EUR bewilligte, ebenso einen ähnlich hohen Betrag für eine nie umgesetzte straßenplanerische Maßnahme im Bereich Alter Graben durch gutachterliche Beauftragung verschwendete, kann niemand ernstlich behaupten, zusätzliche 28.000 EUR für eine von der Jugendförderung Nordkreis organisierte Ferienfreizeit könnten nicht finanziert werden.

Für städtische Transparenz und Bürgerbeteiligung

Die Stadt Wetter und insbesondere ihre Stadtverordnetenversammlung müssen digital transparent werden. Kommunale Daten und Informationen müssen für alle öffentlich zugänglich und auf der Website der Stadt unmittelbar abrufbar sein. Davon auszunehmen sind selbstverständlich Daten, die personenbezogen und nach der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) geschützt sind. Wir fordern Transparenz im städtischen und im parlamentarischen Verwaltungshandeln. Das ist ein Beitrag, der das Vertrauen der Bürger*innen in unser Gemeinwesen unmittelbar stärkt. Er ist erforderlich, um alle, die sich dafür interessieren, auf gleicher Augenhöhe zu behandeln.

Andere hessische Kommunen machen es zudem vor: Sie ermöglichen Bürgerbeteiligung bei Fragen rund um die Verwendung von öffentlichen Mitteln. Auch wir wollen die Bürger*innen der Stadt direkt in Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse einbeziehen. Damit sie ihr Lebens- und Arbeitsumfeld mitgestalten können, sollen sie an der Planung der städtischen Finanzen beteiligt werden und sich beratend einbringen: Wofür soll unser Geld ausgegeben werden? An welchen Stellen kann gespart werden? Wie können mehr Einnahmen erzielt werden? Zu diesen und ähnlichen Fragen sollen die Bürger*innen eigene Ideen abgeben und Vorschläge anderer bewerten können. Dazu sind transparente und verständliche Haushaltsinformationen erforderlich sowie eine gleichberechtigte Kommunikation zwischen Politik, Verwaltung und den Einwohne*rinnen unserer Stadt. Wir setzen uns für eine moderne und bürgernahe Verwaltung ein.

Für interkommunale Zusammenarbeit statt Städtefusion

Wir betrachten den vorgeschlagenen Zusammenschluss von Lahntal, Wetter und Münchhausen zu einer gemeinsamen Gemeinde „Lamüwe“ kritisch. Keinesfalls verschließen wir uns weiteren, notwendigen Verbesserungen in der interkommunalen Zusammenarbeit. Hier lassen sich noch viele, auch kostensparende Schätze heben. Doch bleiben die Vorteile einer Städtefusion nebulös. Bislang ist lediglich klar, dass nach einer Fusion sowohl die Hunde- als auch die Grundsteuer in Wetter stiege. Ersteres belastete insbesondere ältere und sozial schwache Personen, denen ihr Hundepartner die Lebensfreude aufrechterhält. Letzteres bedeutete zusätzliche Belastungen sowohl für Hausbesitzer und Mieter, als auch für Land- und Forstwirte unabhängig von der Höhe des jeweiligen Einkommens.

Dies ist eine unmittelbare Folge des ungleichen Verschuldungsstands und der örtlich sehr viel höheren Steuerquote in Münchhausen (Hebesatz Grundsteuer A: 630 %, Grundsteuer B: 630 %) als jene in Wetter (Hebesatz Grundsteuer A: 360 %, Grundsteuer B: 395 %) und Lahntal (Hebesatz Grundsteuer A: 420 %, Grundsteuer B: 420 %). Kurz: Wollte man auch nur das jetzige Einnahmenniveau aller drei Kommunen kumuliert erhalten, stiege nach der Fusion die Steuerbelastung in Wetter und Lahntal, ohne dass damit auch nur eine einzige Verbesserung in den kommunalen Leistungen einherginge.

Dem von den Gemeinden zur Städtefusion in Auftrag gegebenen Gutachten ist zudem zu entnehmen, dass die so wichtige direkte Einflussnahme auf die überregionale Raumplanung explizit nicht gegeben wäre, da ein Mittelzentrum (ein einzelner Ort mit mehr als 7.000 Einwohnern) trotz Fusion nicht entstünde. Die gemeindlichen Verwaltungsunktionen sollen zudem nur für eine Übergangszeit in allen drei Kommunen aufrechterhalten werden. Danach würden sie überwiegend, so der Vorschlag, in Wetter zusammengeführt. Dort müsste ein neues, größeres Rathaus mit den entsprechenden Zusatzkosten erbaut werden. Entsprechend stiege ebenfalls der Autoverkehr an, da die Lahntaler und Münchhäuser für Behördengänge nach Wetter fahren müssten. Das Gutachten geht zwar davon aus, dass die zunehmende Digitalisierung Behördengänge weitgehend überflüssig machen wird. Doch dann ist zu Ende gedacht auch eine Fusion überflüssig. Schließlich kann diese Funktionalität auch interkommunal vorgehalten und betrieben werden.

Für wechselnde Mehrheiten und eine progressive Stadtentwicklung

DIE LINKE Wetter ist offen für wechselnde Mehrheiten innerhalb des demokratischen Spektrums und für Initiativen, die einfordern, unsere Kommune kreativ und progressiv voranzubringen. Für weiteren Stillstand oder gar Rückschritte in der Stadtentwicklung stehen wir nicht zur Verfügung.