Nein zur Gemeindefusion (Teil V) – Steigende Steuern und Gebühren

Kommunen steht generell das Aufkommen aus der Gewerbesteuer und der Grundsteuer zu. Darüber hinaus haben sie ein begrenztes eigenes Steuerfindungsrecht etwa in Form der Erhebung von Hundesteuern, Spielgerätesteuern und Zweitwohnungssteuern. Zudem erhalten sie einen Anteil aus dem Einkommensteuer- und Umsatzsteueraufkommen. Auf die Gestaltungshöhe der beiden letzteren haben sie gleichwohl keinen Einfluss, sodass im Folgenden diese Aufkommensarten ausgeblendet werden können. Nach den Angaben der Machbarkeitsstudie ist zudem die Gewerbesteuer in allen drei Kommunen gleich hoch, sodass auch diese in der weiteren Betrachtung keine Berücksichtigung finden muss. Die Grundsteuer unterteilt sich in Grundsteuer A (Grundstücke der Land- und Forstwirtschaft) und Grundsteuer B (bebaute oder bebaubare Grundstücke und Gebäude). Letztere ist umlagefähig und kann beispielsweise über die Nebenkostenabrechnung den Mietern eines Hauses oder einer Wohnung in Rechnung gestellt werden. Nachstehend soll aus Gründen der Komplexitätsreduktion fusionsbezogen lediglich die Grundsteuer B betrachtet werden. Unter den weiteren Steuern schließlich wird allein die Entwicklung der Hundesteuer näher analysiert, da (wiederum nach den Angaben der Machbarkeitsstudie) eine Zweitwohnungssteuer in allen drei Kommunen nicht erhoben wird und die Höhe der Erträge aus der erhobenen Vergnügungs- einschließlich Spielapparatesteuer zu vernachlässigen sind.

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Nein zur Gemeindefusion (Teil IV) – Verkaufspreis und Verschuldungsstand

Der Basisverkaufspreis für die drei Kommunen, kaufmännisch betrachtet handelt es sich um nichts anderes als eine Veräußerung von kommunaler Autonomie zu einem Gegenwert, beträgt 6.256.000 EUR. Das ist der Betrag zu einer einmaligen Teilentschuldung, den das Land Hessen im Falle einer Gemeindefusion La-Mü-We gewährt. Hinzu kommt, zumindest infolge der erneut unzureichenden Angaben in der Machbarkeitsstudie eine variable Komponente in Höhe von 750.000 EUR bis 3.801.000 EUR. Tatsächlich jedoch handelt es sich nicht um einen variablen, sondern einen fixen Betrag. Dieser wird einer neufusionierten Kommune für Maßnahmen zur Konsolidierung der Infrastruktur in Anlehnung an die Investitionsförderung bei der Hessenkasse ebenfalls einmalig gewährt. Doch kann bzw. will die Machbarkeitstudie diesen nicht konkret benennen oder berechnen. Summiert ist insoweit ein Verkaufspreis von 7–10 Mio. EUR anzunehmen.

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Nein zur Gemeindefusion (Teil III) – Tollkühne Kalkulationen

Die „Machbarkeitsstudie: »Vertiefte Interkommunale Zusammenarbeit«“ prophezeit monetäre Ergebnisverbesserungen in Höhe von 1.087.000 € jährlich im Falle einer Fusion der drei Nordkreis-Kommunen Lahntal, Münchhausen und Wetter (La-Mü-We). Vorausgesagt werden diese auf sieben „wesentlichen Feldern“ (S. 226). Dies sind: Gemeindegremien, Bürgermeister, Finanzwirtschaftliche Dienstleistungen, Gremienbetreuung, Brandschutz, Differenz aus Kommunalem Finanzausgleich und Kreis- und Schulumlage sowie Zinsentlastung aufgrund von Entschuldung. Feld für Feld sollen daher zunächst die der Prognose zugrunde liegenden Kalkulationen näher beleuchtet werden.

Im Falle der Aufwendungen für die Gemeindegremien wird eine Entlastung von 82.400 EUR prognostiziert. Allerdings liegt dem eine einfache Überschlagsrechnung (S. 137) mit ungenannter Prämisse zugrunde. Die Summe der bisherigen Ausgaben für die Gemeindegremien in Lahntal, Münchhausen und Wetter (145.893 EUR) wird durch die Gesamtzahl der Mandate in den drei Gemeindevertretungen (85 Mandatsträger) dividiert und anschließend mit der Zahl der künftigen Mandate – nach § 38 Abs. 1 HGO hätte La-Mü-We 37 Mandatsträger – multipliziert. Unterstellt jedoch in der Berechnung, und das ist die Prämisse, werden konstante Aufwandsentschädigungen. Nur, warum sollten diese gleichbleiben? Die Mandatsträger einer fusionierten Gemeinde hätten schließlich die Arbeit von zuvor drei kommunalen Gemeindegremien zu leisten und noch dazu erheblich höhere Entfernungen zu den Sitzungsorten zurückzulegen. Wird die Annahme konstanter Aufwandsentschädigungen fallengelassen, schmilzt die prognostizierte Entlastung mit einem Faktor von 2,3 (steigende Aufwandsentschädigung) vollständig ab.

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Nein zur Gemeindefusion (Teil II) – Kein Einflussgewinn

Gleich vorweg: Mehr politischer und administrativer Einfluss geht mit einer möglichen Fusion La-Mü-We (Lahntal – Münchhausen – Wetter) nicht einher. Die für kommunale Belange so wichtigen Aufgabengebiete Schulentwicklung und örtlicher Personennahverkehr verbleiben auch nach einem Zusammenschluss in der alleinigen Trägerschaft des Landkreises. Sprich: Weiterhin entscheiden Kreistag und Kreisverwaltung über die Schul- und ÖPNV-Versorgung vor Ort, somit über für die Lebensqualität und Attraktivität in dem Fusionsverbund zentrale Fragestellungen. Das wird in der „Machbarkeitsstudie: »Vertiefte Interkommunale Zusammenarbeit«“ auch klar zum Ausdruck gebracht.

Kleinlaut hingegen sind dort die Aussagen, wie – hier exemplarisch – im Nahverkehr die Situation zu verbessern ist. Bereits jetzt sind die Bus- und Bahnverbindungen, so sie denn überhaupt bestehen, zwischen den Kernstädten und den Ortteilen in Lahntal, Münchhausen und Wetter je für sich grottenschlecht. Künftig käme noch hinzu, dass zwischen Wetter und Lahntal generell keine direkte Nahverkehrsanbindung besteht. Eine Verbesserung der Situation, wie vorgeschlagen, durch Einflussnahmen der Kommunen auf den Nahverkehrsplan für den Landkreis Marburg-Biedenkopf wird schon deshalb (und wie bisher weiterhin) auf Granit stoßen, weil die Ausgaben im ÖPNV die Einnahmen überschreiten und bereits jetzt zum Ausgleich des Defizits originäre Mittel aus dem Kreishaushalt zugeschossen werden müssen (Nahverkehrsplan 2018 – 2022, S. 108).

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Nein zur Gemeindefusion (Teil I) – Die Risiken

Am 26. September 2021, dem Tag der Bundestagswahl, findet gleichzeitig ein Bürgerentscheid zur Gemeindeneugründung – zu der Frage, ob Lahntal, Münchhausen und Wetter zu einer Kommune fusionieren – statt. Dazu wurde im Vorfeld von den Gemeindevertretungen eine „Machbarkeitsstudie: »Vertiefte Interkommunale Zusammenarbeit«“ in Auftrag gegeben. Doch ist deren Name bereits Programm. Auf Risiken wird darin nicht hingewiesen, auch nicht auf Studien zu solchen Risiken.

Dabei sind die Auswirkungen von Gebietsreformen inzwischen auch wissenschaftlich untersucht, allerdings sind die Ergebnisse alles andere als rosig. Die von Gemeindefusionen erhofften Einsparpotenziale und Effizienzgewinne werden regelmäßig nicht erzielt. Stattdessen wächst die räumliche und politische Distanz zwischen Wählern und Entscheidern, geht die Identifizierung der Bürger mit ihrer Gemeinde verloren, sinkt die Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen und vieles mehr. Das zumindest sind die Erkenntnisse zweier Wissenschaftler vom Ifo Institut und vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung auf Basis der Auswertung von 30 empirischen Studien, die sie 2017 erstellten: Weiterlesen